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Ill Niño: Dead New World (Review)

Artist:

Ill Niño

Ill Niño: Dead New World
Album:

Dead New World

Medium: CD
Stil:

New Metal / Latin Metal

Label: AFM Records
Spieldauer: 45:17
Erschienen: 29.10.2010
Website: [Link]

Hat die Verschmelzung von lateinamerikanischer Musik und Metal wirklich nicht mehr zu bieten als das hier?

Ill Niño waren mal – lang, lang ist's her - ein deftiges, ikonisches Ausrufezeichen im früheren New-Metal-Meer (das man heute eher als Pfütze kennt). Zu verdanken hatten sie das dem Alleinstellungsmerkmal "Latino-Metal" – KORN hatten ihren tiefgelegten Bass und die Bagpipes, LIMP BIZKIT hatten Wes Borlands Kostüme und Fred Dursts Attitüde, ILL NIÑO eben den Exotenbonus. "Revolution Revolución" war ein kraftvolles, dreckiges Debüt, vergleichbar mit LIMP BIZKITs "3 Dollar Bill, Y'All $", "Confession" dann ein feingetuntes, abgerundetes und perfektioniertes Hitalbum, das die Exklusivität der Flamenco-Elemente erkannte und angesichts des stark wachsenden Marktes folgerichtig weiter in den Vordergrund setzte.

Dann kamen "One Nation Underground", die "Undercover Sessions"-EP und "Enigma" und auf einmal war all das Gefühl der Innovation flöten gegangen. ILL NIÑO verfügten immer noch über ihr Alleinstellungsmerkmal, denn merkwürdigerweise ist es nie einer anderen Band gelungen, in das Fahrwasser der Band aus New Jersey einzutauchen und dort zu überleben. Einen ILL NIÑO-Song riecht man eine Meile gegen den Wind, so weit hat sich nichts geändert. Nur ruht man sich seit "One Nation Underground" ein wenig auf dem eigenen Monopol aus. STATIC-X machen das zwar auch, aber die dürfen das, die sind ja schließlich statisch. Von einer Truppe allerdings, die Metal-Riffs mit Salsa-Rhythmen, Flamencogitarren, teils spanischem Gesang und der schillernden Vielfalt lateinamerikanischer Percussion akzentuiert, muss man mehr Abwechslung erwarten können.

Der Wille war immer gegeben, aber das "Undercover Sessions"-Experiment fiel belanglos aus und das Gefälle auf dem unentschlossenen "Enigma" war erschreckend: Zum einen hauten die Herren ein fiebrig-giftiges Teil wie "Compulsion Of Virus And Fever" raus, zum anderen eine grässliche Schmonzette wie "Me Gusta La Soledad".

Daraus immerhin scheint man seine Lehren gezogen zu haben: "Dead New World" ist nicht mehr ein solches Nebeneinander von Hart und Soft, das so klingt, als sollten mehrere Zielgruppen gleichzeitig angesprochen werden. Im Ganzen bieten ILL NIÑO auf ihrem neuen Werk einen in sich kohärenten, aber ganz schön hässlichen Pixelbrei feil, der mit ehemaligen Hitwundern wie "What Comes Around" und "How Can I Live" allenfalls noch die Eltern gemeinsam hat.

Das wäre vielleicht noch zu verschmerzen, wenn man die Kohärenz beibehalten würde (insbesondere bei der nicht gerade langatmigen Laufzeit), aber was hat dann das SMASHING PUMPKINS-Cover "Bullet With Butterfly Wings" dazwischen zu suchen? Mit vollkommen andersartiger Akzentuierung sticht es aus dem Restfeld unangenehm heraus. Zur falschen Zeit am falschen Ort: Alleine schon durch seine Platzierung schlägt die Interpretation fehl.

Nicht, dass der Rest vom fest so viel hochklassiger wäre. Härter und konsequenter als zuletzt präsentieren sich ILL NIÑO, aber wenn man fester in den Kartoffelbrei schlägt, wird da nicht zwangsläufig ein Kunstwerk draus. Weshalb Drummer Dave Chavarri vom progressivsten Album spricht, das man je gemeinsam aufgenommen habe, erschließt sich nicht wirklich. "God Is Only For The Dead" eröffnet mit prototypischen Metalcoreanleihen, bis endlich die Titelzeile gesungen wird und sich erfreulicherweise zumindest die Trademarks wieder einstellen – genug Metalcore hat's dieser Tage auch ohne ILL NIÑO. "Proggy" ist daran noch nichts, eher folgt in "The Art Of War" animalisches "Your War"-Gegrunze, das auffallend an die SOULFLY-Primitivlinge erinnert, abgeschmatzt mit "A-a-a-ah"-Chören nach DISTURBED.

Nachfolgend driftet "Dead New World" in eine astreine Selbstkopie, nur dass alles eine Spur böser aufgezogen wird. "Against The Wall" hat beispielsweise ein cooles Riff zu bieten, endet aber in einem typischen Baukastenrefrain, den ILL NIÑO jederzeit aus dem Gürtel hätten schütteln können. "Mi Revolucion" klingt oldschool, ist schön kraftvoll und hat coole Percussions vorzuweisen, hängen bleibt aber nichts. "Bleed Like You" holt den Groove raus und geht dann wieder in den Baukastenrefrainmodus. So geht das zuverlässig weiter, bis eben das PUMPKINS-Cover seine Stinkbombe zündet.

FAZIT: Nach dem kunterbunten Puzzlestück "Enigma" fressen ILL NIÑO auch mal wieder Dreck. Mir persönlich gefällt das in der Summe besser, denn ich möchte von einer solchen Band keine schmalzige Latin-Folklore hören, sondern knallharte Heavyness mit griffigen Refrains. Andererseits beschränkt sich der Innovationsgrad bequem auf das Hinzufügen von mehr Härte, was gerade bei einer Band mit einer noch derart unbewohnten Nische unverzeihlich ist. ILL NIÑO sollten verdammt noch mal für härtere Metalspielarten die Boten multikultureller Einflüsse aus dem Süden Amerikas sein. Stattdessen veröffentlichen sie belanglose Alben wie "Dead New World", die man gut hören und gut vergessen kann.

Sascha Ganser (Info) (Review 11131x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 6 von 15 Punkten [?]
6 Punkte
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Tracklist:
  • God Is For The Dead
  • The Art Of War
  • Against The Wall
  • Mi Revolución
  • Bleed Like You
  • Serve The Grave
  • If You Were Me
  • Ritual
  • Killing You, Killing Me
  • How Could I Believe
  • Bullet With Butterfly Wings (Smashing Pumpkins Cover)
  • Scarred

Besetzung:

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  • keine Interviews
Kommentare
The Walking Dead
gepostet am: 23.11.2010

User-Wertung:
12 Punkte

Ich muss zwar gestehen, dass mir die alten Sachen auch besser gefallen, aber DNW ist dennoch durch und durch ein gutes Album geworden, auch wenn es ein paar Durchläufe braucht um zu zünden.
Ill Nino muss sich mMn nicht selbst erfinden, weil es wie du ja selbst schreibst kaum ähnliche Bands in dem Bereich gibt. Klar haben sie sich weitestgehend von den typichen Nu Metal Elementen getrennt, aber glücklicherweise sind sie nicht wie viele andere Bands von damals in Richtung Metalcore oder Pop-Rock ala Linkin Park abgedriftet.
Was Ill Nino von Soulfly unterscheidet ist, dass sie auch sehr emotionale und abwechslungsreiche Lieder vorweisen können. Da finde ich Balladen nicht fehl am Platz (mit "With You" war ja immerhin auch schon auf RR eine Ballade).
Keine Ahnung wie du übrigens darauf kommst dass The Undercover Sessions eine Akustik EP ist, Ill Nino haben nie ein Akustik Album veröffentlicht.
Schade dass die wirklich bemerkenswerten Songs Ritual, Killing You Killing Me und Scarred hier gar keine Erwähnung gefunden haben.
Sicher, wer noch nie ein Fan der Band war, wird auch mit DNW nicht bekehrt werden, wer aber von Enigma enttäuscht war und die älteren Alben mochte, wird an DNW seine Freude haben.
Sascha [Musikreviews.de]
gepostet am: 24.11.2010

Oops, hast recht mit der EP... kenne die nur als Anhängsel der "Enigma" Limited Edition und irgendwie hatte ich im Kopf, dass es da ausschließ´lich akustisch zuging... wahrscheinlich wegen des Gabriel-Covers. Hab das im Text mal geändert, danke.

Klar, von neu erfinden müssen kann nicht die Rede sein; es wäre aber doch ganz schön, wenn die instrumentale Vielfalt, die Ill Nino zur Verfügung steht, mal etwas variabler gebraucht werden würde. Mir persönlich ist das zu wenig.

Und was die Emotionalität betrifft: das ist alles Auslegungssache. Warum soll die archaische Aggression, die in den Soulfly-Wurzeln liegt, nicht mindestens genauso emotional sein wie eine Flamencoballade von Ill Nino? Bei Soulfly werden auch teils sehr emotionale Themen angeschnitten (der Tod eines Verwandten z.B. oder 9/11, der emotionale Knopf Nr. 1).
The Walking Dead
gepostet am: 26.11.2010

Klar, Aggression ist auch eine Emotion, aber bei Soulfly ist das halt irgendwie die einzige Emotion die transportiert wird. Ich hör zwar selber auch ab und zu mal Soulfly, aber ein ganzes Album am Stück find ich einfach zu eintönig. Würden Ill Nino jetzt ein reines Balladen Album aufnehmen, würde mir das spätestens nach 3 Durchläufen ws auch auf den Sack gehen, aber so zwischendurch finde ich ist es eine gute Auflockerung.

Was die instrumentale Vielfalt von Ill Nino angeht, denk ich, dass sie da wirklich noch mehr rausholen könnten, also noch etwas mehr Percussion und Flamenco Elemente zum Beispiel (wie eben bei Killing You Killing Me). Und was mir auch etwas abgeht bei DNW sind die spanischen Lyrics...
CaroMetal
gepostet am: 03.11.2011

User-Wertung:
15 Punkte

Ich liebe das Album. Ill Nino gehört seit der Revolution/Revolución zu meinen Top Favoriten. (Mit Fear Factory und Machine Head)
Mir persönlich hat die Enigma nicht so gut gefallen, die ist irgendwie an mir vorbeigegangen.
Also: Daumen hoch für dieses geile Album :)
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